Zur Wirksamkeit vereinbarter Zahlungsfristen
Am 29.7.2014 ist das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr in Kraft getreten. Hier soll ein besonderer Blick auf die Vereinbarung von Zahlungsfristen in Kaufverträgen zwischen privaten Unternehmen sowie zwischen privaten Unternehmen und Verbrauchern gelegt werden.
In § 271a Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB ist nunmehr geregelt: »Eine Vereinbarung, nach der der Gläubiger die Erfüllung einer Entgeltforderung erst nach mehr als 60 Tagen nach Empfang der Gegenleistung verlangen kann, ist nur wirksam, wenn sie ausdrücklich getroffen und im Hinblick auf die Belange des Gläubigers nicht grob unbillig ist. Geht dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zu, tritt der Zeitpunkt des Zugangs dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung an die Stelle des in Satz 1 genannten Zeitpunkts des Empfangs der Gegenleistung.«
Laut der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drs. 18/1309, S. 14 f.) soll § 271a BGB der Charakter einer Verbotsnorm zukommen. Im Umkehrschluss soll aus der Verbotsnorm aber nicht geschlossen werden können, dass Vereinbarungen, die den Erfordernisse des § 271a Abs. 1 genügen, stets wirksam oder der richterlichen Kontrolle entzogen sind. Insbesondere eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB soll möglich bleiben. Bei dieser sind die in § 308 Nummer 1a und 1b BGB neu eingeführte Klauselverbote zu beachten.
Nach § 308 Nr. 1a BGB sind insbesondere Bestimmungen in AGB unwirksam, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält. Wenn der Verwender kein Verbraucher ist, wird im Zweifel angenommen, dass eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung, bzw. nach Zugang einer nach Leistungsempfang erfolgten Rechnungsstellung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung, unangemessen lang ist. Es obliegt also dem Verwender − hier zu übersetzen mit: Forderungsschuldner − darzulegen und zu beweisen, aus welchem Grunde ausnahmsweise eine längere Zahlungsfrist angemessen ist.
Ob eine individualvertragliche Zahlungsvereinbarung grob unbillig im Sinne des § 271a Abs. 1 Satz 1 BGB ist, beurteilt sich unter anderem nach den in Artikel 7 Abs. 1 - 3 Richtlinie 2011/7/EU genannten Kriterien. Danach sind beispielsweise grobe Abweichungen vom Handelsbrauch, die gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, grob unbillig und damit unwirksam. Gleiches soll gelten, wenn der Verzugszins oder eine Entschädigung für Beitreibungskosten ausgeschlossen wird.
Müssen nun individualvertraglich vereinbarte Zahlungsfristen stets als unwirksam angesehen und einer Wirksamkeitskontrolle unterzogen werden?
Für die Fälle individualvertraglicher Zahlungsvereinbarungen − also keine AGB, die den Anforderungen des § 308 BGB genügen müssen − haben die Überlegungen des Gesetzgebers keinen Ausdruck im Gesetzestext gefunden. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Gerichte die Überlegungen des Gesetzgebers bei der Prüfung umfassend berücksichtigen oder aber Vereinbarungen von bis zu 60 Tagen Zahlungsfrist als der richterlichen Kontrolle entzogen ansehen.
Wird eine Zahlungsfrist von mehr als 60 Tagen vereinbart, obliegt es zunächst dem Gläubiger der Forderung darzulegen und zu beweisen, dass dies für ihn grob nachteilig ist. Hier teile ich die Einschätzung der Bundesrechtsanwaltskammer: »Diese Darlegung und insbesondere der Beweis dürften kaum geführt werden können unter dem Eindruck, dass der Forderungsgläubiger schließlich eine Vereinbarung von mehr als 60 Tagen Fälligkeit ausdrücklich getroffen hat.« (Stellungnahme der BRAK Nr. 07/2014 zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr)
Trotz beabsichtigten Verbotscharakters des § 271a Abs. 1 BGB stellt sich die aufgeworfene Frage auch nicht, wenn der Forderungsgläubiger den Vorschlag zu einer längeren Zahlungsfrist unterbreitet und es im Anschluss daran zu einer ausdrücklichen Vereinbarung kommt. In diesem Fall erscheinen auch Zahlungsvereinbarungen in AGB unproblematisch. Denn § 308 Nr. 1a BGB stellt unmissverständlich auf den Verwender ab, der sich eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält. Aufgrund des Wortlauts kann damit zwangsläufig nur der Forderungsschuldner gemeint sein − beispielsweise bei Nutzung allgemeiner Einkaufsbedingungen.
Welche Folgen entstehen durch eine unwirksame Vereinbarung des Zahlungsziels?
Es gelten die gesetzlichen Vorschriften mit der Folge, dass die geschuldete Leistung sofort fällig wird. Handelt es sich um ein Handelsgeschäft, hat der Gläubiger mit Fälligkeitsbeginn einen Anspruch auf den Fälligkeitszins in Höhe von 5 % (§ 353 HGB) und 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von nunmehr 9 % (§ 286 Abs. 3 BGB).
Ist die Neuregelung auf Altverträge anwendbar?
Gemäß Artikel 229, § 34 EGBGB geltend die neuen Vorschriften nur für solche Schuldverhältnisse, die ab Inkrafttreten des Gesetzes, also nach dem 28.07.2014 entstanden sind. Eine Ausnahme gilt für Dauerschuldverhältnisse, soweit die Gegenleistung erst nach dem 30.06.2016 erbracht wird. In diesem Fall sind die neuen Regelungen auch dann anwendbar, wenn das Dauerschuldverhältnis bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes entstanden ist.