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Steuerlich abziehbare Prozesskosten insbesondere Scheidungskosten
(beabsichtigte Änderung im Jahressteuergesetz 2013)
Ausgangspunkt:
Scheidungskosten sind nur eingeschränkt steuerlich als außergewöhnliche Belastungen absetzbar. So sehen das jedenfalls die Finanzämter. Anerkannt werden nur die Verfahrenskosten für die (eigentliche) Scheidung. Die Kosten für den Versorgungsausgleich sind ebenso absetzbar, weil es sich um eine gesetzliche Folgesache handelt. Die Kosten für nicht notwendige Folgesachen wie Unterhalt, Sorge- und Umgangsrecht oder Zugewinn sind aber nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Dies hat grundsätzlich zur Folge, dass die Finanzämter nur einen Teil der Scheidungskosten bei streitiger gerichtlicher Austragung von Folgesachen anerkennen. Die Finanzämter verfahren auch weiterhin so, trotz nachfolgendem Urteil:
Das Urteil des Bundesfinanzhofes:
Diese Praxis sollte mit dem am 12. Mai 2011 verkündeten Urteils des Bundesfinanzhofes - Aktenzeichen VI R 42/10 beendet sein. Denn nach diesem Urteil sind alle Kosten eines Prozesses absetzbar, also auch die Kosten (Anwalts- und Gerichtskosten sowie Sachverständigenkosten) für alle Verfahren über Folgesachen (Hausrat, Wohnung, Unterhalt, Sorge- und Umgangsrecht sowie Zugewinn), soweit der Prozess nicht mutwillig ist und hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Nach dieser geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sollen sämtliche Zivilprozesskosten (und damit auch alle Kosten vor dem Familiengericht ausgetragener Streitigkeiten) als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden.
Der Nichtanwendungserlass:
Am 20. November 2011 erließ dann der Bundesminister der Finanzen einen Nichtanwendungserlass für dieses Urteils der obersten Finanzrichter:
„Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12.5.2011 ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden“.
Mit diesem Nichtanwendungserlass wurden die Finanzämter von dem Ministerium angewiesen, das Urteil des Bundesfinanzhofes nicht zu beachten. ….
“Im Hinblick auf eine mögliche gesetzliche Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung von Zivilprozesskosten, die auch die rückwirkende Anknüpfung an die bisher geltende Rechtslage einschließt, können daher grundsätzlich Prozesskosten auch für eine Übergangszeit nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.“
(BMF, 20.12.2011, Bundessteuerblatt I 2011 Seite 1281)
Dies bedeutet: bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens können nach § 33 Abs. 1 EStG (Einkommensteuergesetz) auch die „freiwilligen Folgekosten“ einer Scheidung nicht als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden.
Das neue beabsichtigte Gesetz:
Jetzt ist beabsichtigt, in § 33 Einkommensteuergesetz einen neuen Absatz 3a einzuführen. Danach sind Zivilprozesskosten mit Ausnahme der „unmittelbaren und unvermeidbaren Kosten eines Scheidungsprozesses (§ 137 FamFG)“ nicht abziehbar. Diese Neuregelung entspricht damit deckungsgleich der vor Ergehen der oben genannten Entscheidung des Bundesfinanzhofes geltenden Rechtslage. Dies entschärft dann auch die verfassungsrechtliche Bewertung der in § 52 Absatz 46 Einkommensteuer Gesetz geregelten echten Rückwirkung auf alle offenen Fälle.
Regelung (aber) noch umstritten:
Die Regelung ist gegenwärtig zwischen Bund und Ländern noch umstritten. Während die Länder auf eine Neuregelung drängen, möchte der Bund noch die Entscheidung über die beim BFH anhängigen Verfahren abwarten. Für gegenwärtig anhängige Verfahren bedeutet dies, schnellstmöglich an den BFH zu gelangen, um ggfls. mit der „Entscheidungswelle“ zu profitieren. So kann von einer günstigen Entscheidung des BFH profitiert werden, ohne von der oben erwähnten echten Rückwirkung erfasst zu werden.
Unser Tipp:
Gegen den Steuerbescheid, in dem die kompletten Kosten der Scheidung nicht anerkannt wurden Einspruch einlegen unter Hinweis auf das oben genannte Urteil des BFH, solange das neue Gesetz noch nicht erlassen ist.
Die außergewöhnliche Belastung:
Außergewöhnliche Belastungen sind dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehende größere Aufwendungen, die über die der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands entstehenden Kosten hinausgehen. Gesetzlich geregelt sind außergewöhnliche Belastungen in § 33 EStG (Einkommensteuergesetz) , § 33a EStG und § 33b EStG i. V. m. § 2 Abs. 4 EStG. Die Voraussetzungen für die Absetzbarkeit sind gegeben, wenn die Aufwendungen unausweichlich sind.
Anmerkung:
Es ist zu bedenken, ob sich der Aufwand eines Einspruchs/Klage wirklich lohnt, denn:
Außergewöhnliche Belastungen führen, auch wenn sie zwangsläufig entstanden sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten, nur zu einer Steuerermäßigung, soweit die zumutbare Belastung , die jeder selbst zu tragen hat, überstiegen wird. Die Höhe der zumutbaren Belastung errechnet sich nach einem bestimmten Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte. Dieser Prozentsatz ist nach der Höhe des Einkommens, dem Familienstand und der Zahl der Kinder gestaffelt (§ 33 Abs. 3 EStG). Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen nur die, für die er einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld erhält. Soweit dem Steuerpflichtigen ein verfügbares Einkommen verbleibt, das über dem geltenden Regelsatz für das Existenzminimum liegt, verletzt der Selbstbehalt in Gestalt des Abzugs der zumutbaren Belastung nicht. Dann jedenfalls lohnt sich „der ganze Aufwand eines Einspruchs/Klage nicht“.