Probleme der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf Tarifverträge


In der Praxis kommt es immer wieder zu Problemen aufgrund der Konsequenzen, die sich für einen Arbeitgeber daraus ergeben, dass er im Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer vereinbart, dass ein bestimmter Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis angewendet wird.

Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen so genannten dynamischen Bezugnahmen und statischen Bezugnahmen.

  • Eine dynamische Bezugnahme liegt dann vor, wenn der Tarifvertrag auch in allen zukünftigen Fassungen auf das Vertragsverhältnis angewendet wird.
  • Eine statische Bezugnahme liegt vor, wenn nur der aktuelle Tarifvertrag auf das Vertragsverhältnis angewendet wird.

Letztlich kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses tarifgebunden war, welche Konsequenzen seine Vertragsunterschrift hat.

War der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses tarifgebunden (Organisationszugehörigkeit, Allgemeinverbindlichkeit), so liegt eine halbdynamische Bezugnahme vor, d.h. sobald die Organisationszugehörigkeit endet (Ende der Verbandsmitgliedschaft oder Allgemeinverbindlichkeit, Übertragung des Betriebes an einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber, Geltung eines spezielleren Tarifvertrages, Herauswachsen des Betriebes aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrages) bleibt lediglich noch die Bindung an dem bestehenden Tarifwerk erhalten. An den zukünftigen Änderungen nimmt das Arbeitsverhältnis nicht mehr teil.

Eine volldynamische Bezugnahme liegt vor, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragesabschlusses nicht tarifgebunden war und demgemäß aus freien Stücken eine Bindung an alle Tarifverträge gewählt hat.

Diese vom Bundesarbeitsgericht bestätigte Konsequenz gebietet es, dass es Arbeitgeber, die nicht tarifgebunden sind, unbedingt unterlassen sollten, Bezugnahmeklauseln zu vereinbaren. Zumindestens sollte folgende Ergänzung vorgenommen werden:

    Der Arbeitgeber behält sich vor, die Bezugnahme auf zukünftige Tarifverträge auszuschließen.

Soweit die Tarifbindung sich aus der so genannten betrieblichen Übung ergibt, so liegt nach der Rechtsprechung lediglich eine statische Bezugnahme vor.

Schwierigkeiten treten auch bei einem Betriebsübergang auf. Gemäß § 613a BGB geht das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten auf den Arbeitgeber über. Soweit die Regelungen im Tarifvertrag getroffen sind oder eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag vorliegt, gelten sie im neuen Arbeitsverhältnis als individualrechtlich vereinbart. Sie dürfen zulasten des Arbeitnehmers nicht vor Ablauf eines Jahres geändert werden.

Die Tarifbestimmungen des neuen Arbeitgebers sind nur zu übernehmen, soweit beide Parteien, also sowohl die übernommenen Arbeitnehmer, als auch der Betriebserwerber entweder kraft Mitgliedschaft in den Tarifparteien oder kraft Allgemeinverbindlichkeit nach dem Betriebsübergang an den beim Erwerber geltenden Tarifvertrag gebunden sind.

In der heutigen Zeit macht es wenig Sinn, sich an zukünftige Tarifänderungen zu binden, die vorher nicht absehbar sind. Insofern empfiehlt es sich, sehr genau darauf zu achten, ob man eine Bezugnahme haben will oder nicht oder zumindestens die Voraussetzungen schafft, sich nur statisch zu binden. Insofern macht es auch Sinn, sich frühzeitig anwaltlich beraten zu lassen.


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht F.W. Dittmann