Flexibilität im Arbeitsverhältnis
- Gestaltungsmöglichkeiten bei Personalabbau und Personalkosten -

Seminarvortrag Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Friedrich Wilhelm Dittmann
Maria Laach 5. November 2008


In Zeiten eines herannahenden Konjunkturabschwunges ist es besonders wichtig in Erinnerung zu rufen, dass das deutsche Arbeitsrecht so gestaltet ist, dass ein vertraglich manifestiertes Arbeitsverhältnis nur unter schwierigen Bedingungen lösbar oder wirtschaftlich veränderbar ist. Deshalb ist es für die Unternehmen in der Regel dringend notwendig, die wenigen Instrumente zu kennen, die es ermöglichen, auf konjunkturelle Wellenbewegungen ebenso zu reagieren wie auf unternehmensinterne Krisensituationen (Umstrukturierung, Auftragsanpassungen etc.).

Folgende Säulen der Flexibilität stehen zur Verfügung:

" Externe Erfüllung betrieblicher Aufgaben.
" Befristung von Arbeitsverträgen.
" Flexible Lohn- und Gehaltsgestaltung.

Im Einzelnen:

I.

Ein Unternehmer muss sich darüber im Klaren sein, dass es nicht sinnvoll ist, jedwede Aufgabe der betrieblichen Zweckerfüllung durch eigenes Personal erledigen zu lassen. Insbesondere Aufgaben, die nicht zur unbedingten Aufgabenerfüllung gehören (z. B. Buchhaltung, Reinigungsaufgaben, Sicherheitsaufgaben etc.), können fremd vergeben werden. In schwierigen Zeiten ist es wesentlich einfacher und kostengünstiger solche Aufgaben zu reduzieren oder zur Gänze entfallen zu lassen.

Des Weiteren sollte davon Gebrauch gemacht werden, einen Teil der betrieblichen Aufgaben durch Leiharbeitnehmer erledigen zu lassen, soweit es sich um einfache Tätigkeiten handelt, die kein besonderes innerbetriebliches Know-how benötigen. Hierbei muss allerdings darauf geachtet werden, mit Zeitarbeitsfirmen zu arbeiten, die eine eigene Tarifbindung haben, um zu vermeiden in die Equal-Payment - Diskussion (gleicher Lohn für gleiche Arbeit) zu geraten. Auch durch die Zeitarbeit ist es möglich kurzfristig auf konjunkturelle Schwankungen sowohl im Positiven wie im Negativen zu reagieren, ohne in zu große arbeits-rechtliche Zwänge zu geraten.

II.

Es sollte generell immer geprüft werden, ob es Sinn macht, bei einer Neueinstellung eine Befristung vorzunehmen.

1.)
Zunächst gibt es die Möglichkeit der so genannten Sachbefristung. Hier wird eine zeitlich begrenzte Beschäftigung vereinbart zur Erfüllung einer klar abgrenzbaren zeitlich limitierten Aufgabe. Im Fordergrund steht hier die Vertretung während Mutterschafts- und Erziehungszeiten sowie Saisonarbeit oder limitierte Aufträge.

2.)
Darüber hinaus bietet das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) die Möglichkeit bei einer Neueinstellung für die Dauer von 24 Monaten eine Befristung vorzunehmen. Innerhalb der 24 Monate ist eine dreifache Verlängerung möglich.

Neben der grundsätzlichen Notwendigkeit, einen solchen Vertrag schriftlich vor Beginn des Arbeitsverhältnisses abzuschließen, sind zwei Dinge zu beachten:

a. Bei Abschluss eines befristeten Vertrages ist zusätzlich zu vereinbaren, dass auch während der Zeit der Befristung eine ordentliche Kündigung für beide Vertragsparteien möglich ist. Nur so wird verhindert, dass man bis zu 24 Monate an ein Vertragsverhältnis gebunden ist, obwohl man es aus Gründen wie auch immer vorher lösen will.
b. Selbst bei Abschluss eines Vertrages auf unbestimmte Zeit sollte vorab eine Probezeit bis maximal 6 Monate (gegebenenfalls befristet) vereinbart werden, verbunden mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen.
c. Nach der in § 14 TzBfG enthaltenen Sonderregelung können Arbeitnehmer nach Vollendung des 52. Lebensjahres auch ohne sachlichen Grund bis zu einer Dauer von 5 Jahren befristet beschäftigt werden. Voraussetzung ist allerdings eine wenigstens viermonatige Beschäftigungslosigkeit i. S. des § 116 I 1 SGB III. In diesem Falle ist es sogar unschädlich, dass der Arbeitnehmer gegebenenfalls bereits früher beim gleichen Arbeitgeber tätig war.

III.

Im Bereich der Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen gibt es eine Vielzahl von Instrumenten. Generell ist es wichtig zu verstehen, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Eingriffe in den Kernbereich der Entlohnung für unzulässig erachtet und als Umgehung des Kündigungsschutzes ansieht. Zulässig sind Eingriffe in Teilbereichen.

1. Freiwilligkeitsvorbehalt:
Unzulässig ist ein Freiwilligkeitsvorbehalt bei festen Lohnbestandteilen. Uneingeschränkt zulässig ist er bei einer Sonderleistung, sei es Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. Es findet lediglich eine Missbrauchskontrolle statt. Eine völlig sachfremde Entscheidung oder Schlechterstellung von Gruppen (Geschlechter/Teilzeit) scheidet aus.

Wichtig ist es, sich bei der Formulierung eindeutig auszudrücken (z. B.: Die Zahlung erfolgt freiwillig und ohne Einräumung eines Rechtsanspruches. Ein Anspruch für die Zukunft wird hierdurch nicht begründet, sondern es bleibt im freien, unbeschränkten Ermessen des
Arbeitgebers, eine ähnliche Leistung zukünftig zu erbringen)

2. Widerrufsvorbehalt:
Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit ist die Leistung unter Vorbehalt eines Widerrufes. D. h. ein Teil der Vergütung wird unter dem Vorbehalt eines späteren Widerrufes zu Gunsten des Arbeitsgebers vereinbart.

Auch hier darf der Kern der Arbeitsvergütung nicht beeinträchtigt werden. Das Bundesarbeitsgericht ermöglicht Gestaltungsfreiheit oberhalb des Tariflohnes mit einem variablen Anteil unter 25 bis 30 %.

In Randbereichen wie z. B. Fahrtkostenerstattung, Verpflegungskostenerstattung etc. kann ohne Einschränkung ein Widerruf vereinbart werden.

Die Ausübung des Widerrufsrechtes unterliegt der Prüfung des Gerichtes. Es müssen willkürfreie sachliche Gründe für den Widerruf gegebenen sein, insbesondere Veränderungen der wirtschaftlichen Bedingungen, Veränderungen bei der Leistung oder des Verhaltens des Arbeitnehmers. Juristisch und damit ungenau ausgedrückt heißt dies: Der Widerruf muss der Billigkeit entsprechen.

3. Teilbefristung:
Ebenso wirksam kann eine Teilbefristung sein. Z. B. kann eine Befristung für die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe (Vorarbeiter, Vertretungssituation etc.) vereinbart werden. Für die Teilbefristung innerhalb des Arbeitsverhältnisses gelten die gleichen Regeln wie für die generelle Befristung. Liegt ein sachlicher Grund vor, ist die Befristung immer möglich. Desgleichen ist innerhalb der ersten 24 Monate des Arbeitsverhältnisses eine Teilbefristung möglich. Darüber hinaus läge eine unzulässige Umgehung des Kündigungsschutzes vor.

4. Aufsaugprinzip:
Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag ist es grundsätzlich zulässig, übertarifliche Zulagen auf Tariflohnerhöhung anzurechnen.

Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt selbst eine mehrjährige unterlassene Anrechnung der Zulage auf die Tariflohnerhöhung keineswegs zu einer betrieblichen Übung, die auch in Zukunft zu beachten wäre.

Auch mit diesem Instrument kann lenkend auf die Kostenstruktur eingewirkt werden und auch auf Leistungsschwankungen reagiert werden.

5. Überstundenpauschale:
Innerhalb der von § 3 des Arbeitszeitgesetzes vorgegebenen Grenzen kann vereinbart werden, dass mit der Vergütung anfallende Überstunden abgegolten sind. Hiermit werden nicht nur die Flexibilisierung der Arbeitszeiten ermöglicht, sondern auch kalkulatorische Vorteile und die Ersparnis von Zuschlägen.

6. Zielvereinbarung:
Die Beteiligung eines Arbeitnehmers am Ergebnis des Unternehmens hat nicht nur den Vorteil der erhöhten Motivation, sondern bietet auch Flexibilitätscharakter. In der Regel werden Unternehmensziele so gestaltet, dass sie sich bis zu 50 % an dem Individualerfolg und bis zu 50 % an dem Unternehmenserfolg orientieren. Bleibt der Unternehmenserfolg aus, reduzieren sich zwangsläufig die Arbeitskosten, so dass auch hier ein Flexibilitätskorridor geschaffen wird.

7. Arbeitszeitkonten:
Im Verlauf eines Betriebes ist die Arbeit nicht immer gleichmäßig im Übermaß vorhanden (Ausnahme: Anwaltskanzlei). Insofern macht es Sinn von vorne herein mit den Arbeitnehmern Arbeitszeitkonten zu vereinbaren, die es ermöglichen, in auftragsstarken Zeiten Stunden zu sammeln, die in auftragsschwachen Zeiten abgearbeitet werden. Auch ein effizienter Einsatz von Arbeitszeit führt zur Reduktion von Arbeitskosten.

Insgesamt gibt es durchaus eine Reihe von Möglichkeiten auf konjunkturelle Schwankungen zu reagieren und die betrieblichen Kosten besser kalkulierbar zu machen. Es wird auch vermieden, im Übermaß mit Arbeitsgerichtsprozessen im Bestandsschutz belastet zu werden. Sollte dies gleichwohl nicht vermeidbar sein, macht es immer Sinn, sich an einen spezialisierten Anwalt des Vertrauens zu wenden, da in der Regel Alleingänge im fremden Terrain zum Scheitern verurteilt sind.


gez. F.W. Dittmann
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
28.10.2008