Scheidung im Arbeitsrecht (Stand 2018)
Unter Berücksichtigung aller gesetzlichen Vorgaben und der praktischen Erfahrung bei den Arbeitsgerichten können wir davon ausgehen, dass es heute in Deutschland wesentlich leichter ist, eine Ehe zu scheiden, als ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Die Erschwernisse, die sich in der Praxis ergeben, sind derart gravierend, dass sie sich nachhaltig auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Personalplanung der Unternehmen auswirken können. Insofern ist es sinnvoll, wenn jenseits der anwaltlichen Beratung bei den Entscheidungs-trägern in den Betrieben Kenntnisse über die Abläufe der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses vorhanden sind.
Grundlage einer erfolgreichen arbeitsrechtlichen Beratung ist immer ein frühzeitiges Abstimmen der Strategien, um nicht erst im späteren Arbeitsgerichtsprozess lediglich noch Schadensbegrenzung zu betreiben. Soweit die Vorbereitung nicht vernünftig abläuft, kann im Arbeitsgerichtsprozess meistens nur noch durch eine ungünstige Abfindungsregelung etwas bewegt werden.
Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses stehen fünf Möglichkeiten zur Verfügung:
- Die Anfechtung des Arbeitsvertrages
- Der Tod des Arbeitnehmers
- Der Ablauf durch Befristung
- Die Kündigung des Arbeitsvertrages
- Der Aufhebungsvertrag
Die Anfechtung eines Arbeitsvertrages kann wegen Irrtum oder arglistiger Täuschung erfolgen. Die Irrtumsanfechtung spielt in der Praxis keine besondere Rolle und kann vernachlässigt werden.Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung wird im Wesentlichen später im Bereich der fristlosen Kündigung mitbehandelt.
Wichtig im Anfechtungsbereich sind die Fälle der falschen Angaben bei den Einstellungsgesprächen.
Ob unter Berücksichtigung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes überhaupt noch konkrete Fragen in den genannten Bereichen sinnvoll sind, kann bezweifelt werden. Es drohen im Falle einer nachgewiesenen Diskriminierung erhebliche Schadensersatz-ansprüche. Bei Zweifeln über Fragestellungen oder bei der Erstellung von Fragebögen, sollte man sich besser vorher beraten lassen.
Da der Arbeitnehmer seine Dienste im Zweifel in Person zu leisten hat, endet das Arbeitsverhältnis mit seinem Tod. Abgesehen von hier zu vernachlässigenden Einzelfällen kann der Rechtsnachfolger bzw. Erbe nicht die alte Arbeitsstelle des Verstorbenen antreten. Nur der Ordnung halber bleibt festzuhalten, dass der Tod des Arbeitgebers keine Beendigung herbeiführt, sondern der Rechtsnachfolger in das Arbeitsverhältnis eintritt.
Eine Befristung ist möglich mit einer sachlichen Begründung (zB. Vertretung wegen Erziehungsurlaub, Krankheit etc.; Saisonarbeit etc.) und auch ohne Sachgrund nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz bis max. 24 Monate bei max. dreifacher Verlängerung innerhalb der Frist.
Die Befristung verfällt nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes, wenn im Zuge der Verlängerung die vertraglichen Konditionen geändert werden. Dann entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Eine wirksame Befristung ohne Sachgrund ist in unmittelbarer Folge eines unbefristeten Arbeitsarbeitsverhältnisses nicht möglich, es sei denn es liegt ein längerer Zeitraum dazwischen. zZ. sind das nach der Rechtsprechung 3 Monate.
Der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages bedarf zur Wirksamkeit der Schriftform.
Der wichtigste Bereich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist die Kündigung. Hierbei unterscheiden wir zwischen der fristlosen und der ordentlichen Kündigung, sowie als Sonderfall, die Änderungskündigung.
1.) Formalien der Kündigung:Aus langjähriger Erfahrung muss festgestellt werden, dass Arbeitgeber häufig bereits bei der Ausfertigung und Zustellung einer Kündigung eine Vielzahl von Fehlern machen, die im Ergebnis zur Unwirksamkeit der Kündigung führen und damit zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen, im ungünstigsten Fall sogar den Wegfall der Kündigungs-möglichkeit verursachen. Ist eine Kündigung bereits aus formalen Gründen unwirksam, so kommt es auf die inhaltliche Berechtigung nicht mehr an.
Es ist daher sinnvoll, die einzelnen Schritte einer formal wirksamen Kündigung anzusprechen:
a.) Bis zum 1.5.2000 bedurfte die Kündigung keiner bestimmten Form und konnte daher auch mündlich ausgesprochen werden. Durch Einführung des § 623 BGB ergibt sich nunmehr folgende Situation:
Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.“
Das heißt nichts anderes, als das jede mündliche Kündigung und auch jeder mündliche Auflösungsvertrag ohne jede Wirksamkeit ist. Als einzige Ausnahme dienen die Fälle, bei denen das Berufen auf die Schriftform rechtsmissbräuchlich ist und gegen Treu und Glauben verstößt (§ 242 BGB). Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in einer Entscheidung in 2012 (8 Sa 318/11) die Wirksamkeit einer mündlichen Eigenkündigung eines Arbeitnehmers angenommen, der diese mehrfach bei verschiedenen Gelegenheiten gegenüber dem Arbeitgeber ausgesprochen hat. Nicht ausreichend ist eine einmalige Erklärung, dass man das Vertragsverhältnis beenden wolle und zwar auch nicht, wenn der Arbeitgeber diese Erklärung später schriftlich bestätigt. Die Schriftform sollte daher regelmäßig eingehalten werden.
An die Schriftform sind Voraussetzungen geknüpft, die stets zu beachten sind:
b.) Zunächst muss der Aussteller der Kündigung eindeutig zu erkennen sein. Es dürfte daher wenig bringen, die Kündigung ohne Verwendung eines eigenen Firmenbriefbogens auf irgendeinen „Zettel" zu schreiben.
c.) Die eigentliche Willenserklärung muss durch eine eigenhändige Unterschrift bestätigt werden. Dabei genügt nicht irgendein „Kringel", der keine Unterschrift erkennen lässt. Es genügen keine Paraphen (Unterschriftkürzel). Die Unterschrift muss zwar nicht lesbar sein, jedoch ausreichende Züge an Individualität erkennen lassen.
Da die Kündigung eine Originalunterschrift tragen muss, genügt weder ein Fax noch eine E-Mail den formellen Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung.
d.) Den Inhalt betreffend, ist es zunächst erforderlich, den Grundsatz der Klarheit zu beachten. Der Wunsch, das Arbeitsverhältnis beenden zu wollen, sei es ordentlich unter Einhaltung einer anzugebenden Frist oder fristlos, muss eindeutig erkennbar werden. Irgendwelche Verklausulierungen oder Einschränkungen (Kündigung unter Vorbehalt oder unter Bedingungen) führen unweigerlich zur Unwirksamkeit. Auch wenn das Wort "Kündigung" nicht zwingend verwendet werden muss, ist es erforderlich, dass der Beendigungswille zu einem bestimmten Zeitpunkt verständlich mitgeteilt wird. Nicht notwendig und aus guten Gründen regelmäßig zu unterlassen ist die Angabe der Kündigungsgründe. Durch eine Begrenzung der Kündigungsgründe auf einen bestimmten Bereich (betriebsbedingt/verhaltensbedingt/personenbedingt) wird die Argumentations-breite in der anwaltlichen Vertretung im Kündigungsschutzprozess unnötig verkleinert. Gründe anzugeben sind aufgrund gesetzlicher Bestimmungen (BBiG)nur bei der Kündigung eines Auszubildenden.
e.) Regelmäßig kommt es auch bei der Vertretung zu Problemen. Immer dann, wenn nicht der Firmeninhaber als Arbeitgeber die Kündigung unterschreibt, sondern ein Vertreter. Ist keine Originalvollmacht beigefügt, die zur Vertretung berechtigt, kann der Arbeitnehmer die Kündigung unverzüglich zurückweisen, was die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge hat. Ein allgemeiner Hinweis auf die Kündigungsberechtigung am „schwarzen Brett“ ohne Zuordnung an eine bestimmte Person hilft hier nicht weiter. Denkbar ist nur, Kündigungsberechtigte bereits im Arbeitsvertrag namentlich zu benennen oder diese Kündigungsberechtigten auf einer öffentlich zugänglich gemachten schriftlichen Mitteilung namentlich bekannt zu geben.
Bei einer Gesellschaft (GmbH, KG, OHG etc.) hat das vertretungsberechtigte Organ zu unterzeichnen. Sind das mehrere Personen, so müssen diese alle unterschreiben oder es muss eine interne schriftliche Vertretungsregelung verfasst und beschlossen werden, die auch zu kommunizieren wäre. Kürzel wie i.A. oder i.V. helfen allein nicht weiter.
Die Zurückweisung der Kündigung aus formellen Gründen ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte. Dafür reicht es aus, dass der Arbeitgeber den Kündigenden in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist, z.B. Personalleiter, Prokuristen oder Generalbevollmächtigte.
Insgesamt ist bei durch Vertreter ausgesprochenen Kündigungen immer Vorsicht angebracht.
f.) Da der zu Kündigende nicht immer anwesend ist, kann sich die Zustellung als großes Problem herausstellen. Die Zustellung per Boten ist die sicherste Art der Zustellung, da damit regelmäßig ein Zeuge zur Verfügung steht. Der Kündigende muss ggf. die Zustellung beweisen.
g.) Auch die Kündigungsfristen sind zu beachten. Je nach Wahl der Kündigung und Dauer des Arbeitsverhältnisses muss eine bestimmte Frist eingehalten werden. Die fristlose Kündigung wirkt sofort und ohne Einhaltung einer Frist. Bei der ordentlichen Kündigung kann sich die Kündigungsfrist aus einzelvertraglichen Vereinbarungen, aus Tarifverträgen oder dem Gesetz ergeben.
Der häufigste Fall ist die gesetzliche Kündigungsfrist gemäß § 622 BGB. Innerhalb der ersten 2 Jahre kann mit einer Frist von 4 Wochen zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats gekündigt werden. Nach 2 Jahren erhöht sich die Frist auf 1 Monat zum Ende des Monats, nach 5 Jahren auf 2 Monate zum Ende des Monats, nach 8 Jahren auf 3 Monate, nach 10 Jahren auf 4 Monate, nach 12 Jahren auf 5 Monate, nach 15 Jahren auf 6 Monate und nach 20 Jahren auf 7 Monate jeweils zumEnde des Kalendermonats.Nach der gegenwärtigen gesetzlichen Regelung zählen vermeintlich nur die Jahre ab dem 25. Lebensjahr. Auf Grund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, wonach diese Regelung rechtswidrig ist, müssen gleichwohl zukünftig auch die Jahre vor dem 25. Lebensjahr mitzählen.
Für den Fall, dass eine Probezeit vereinbart wurde, kann im Vertrag die Kündigungsfrist für diese Zeit auf zwei Wochen verkürzt werden.
Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes macht es erforderlich, ein genaues Kündigungsdatum einzusetzen. Die beliebte Formel:…zum nächst möglichen Termin. ist zukünftig problematisch.
h.) Sollten Sie in Ihrem Betrieb einen Betriebsrat eingerichtet haben, wäre als weitere Formalie die Anhörung des Betriebsrates gemäß § 102 BetrVG durchzuführen bzw. bei der Änderungskündigung zusätzlich die Zustimmung zur Versetzung einzuholen.
2.) Kündigungshindernissea.) Während den Mutterschutzfristen bzw. 4 Monate nach Ablauf und während der Zeit des Erziehungsurlaubs kann ein Arbeitsverhältnis nicht gekündigt werden. Eine solche Kündigung kann gegebenenfalls mit Zustimmung des Gewerbeaufsichtsamtes erfolgen. Da die Voraussetzungen hieran derart eng geknüpft sind, wird in der Praxis eine solche Genehmigung so gut wie nie erteilt. Denkbar ist der Fall der Betriebsstilllegung.
Ein in der Praxis häufig vorkommender Fall ist der Umstand, dass der Arbeitgeber bei dem Ausspruch der Kündigung keine Kenntnis von der Schwangerschaft hatte. Dies ist nach dem Gesetz auch nicht erforderlich. In § 9 des Mutterschutzgesetzes ist geregelt, dass die Kündigung auch dann unwirksam ist, wenn die Schwangere innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung den Tatbestand mitteilt bzw. kann sogar die Frist überschritten werden, wenn die Fristüberschreitung auf einen von der Frau nicht vertretenen Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird.
b.) Bei der Kündigung eines Schwerbehinderten muss vorher die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt werden. Dies gilt nicht für Arbeitsverhältnisse, die noch keine 6 Monate andauern. Insofern ist es sehr wichtig, bereits bei der Einstellung nach der Schwerbehinderung zu fragen und die ersten 6 Monate dazu zu nutzen, sich ein Bild von der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers zu machen.
Auch bei der Schwerbehinderung kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung die festgestellte Schwerbehinderung kannte bzw. wusste, dass der Arbeitnehmer einen Antrag auf Feststellung bei dem Versorgungsamt gestellt hat. Der Arbeitnehmer muss aber in den Fällen, in denen der Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft nichts weiß, nach Zugang der Kündigung innerhalb einer Frist von drei Wochen gegenüber dem Arbeitgeber die festgestellte oder zur Feststellung beantragte Schwerbehinderteneigenschaft geltend machen.
c.) Einen besonderen Kündigungsschutz vor ordentliche Kündigungen genießen regelmäßig Mandatsträger wie Betriebsratsmitglieder, Schwerbehindertenbeauftragter, Datenschutz-beauftragter, Gleichstellungsbeauftragter, ehrenamtliche Mitglieder in Stadt- oder Gemeinderat etc.
d.) Beschränkungen können sich aus Tarifverträgen ergeben, soweit Kündigungsverbote von einer bestimmten Altersstufe oder Betriebszugehörigkeit abhängig gemacht wird. Beschränkungen alleine aufgrund des Lebensalters dürften gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstoßen.
3.) Ordentliche KündigungDie häufigste Form der Kündigung ist die so genannte ordentliche Kündigung, also Kündigung unter Einhaltung der vorgegebenen Kündigungsfrist. Für eine solche Kündigung gibt es drei Begründungen, nämlich betriebsbedingte, verhaltensbedingte oder personenbedingte Gründe. Es empfiehlt sich in der Regel nicht, die Begründung in die Kündigung hineinzuschreiben und damit später die Begründungsbreite für den Arbeitsgerichtsprozess zu reduzieren.
a.) Die betriebsbedingte Kündigung ist immer dann zulässig, wenn der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers durch äußere (Konjunktur, Auftragsrückgang) oder innere (Rationalisierung, Betriebsaufgabe) Ereignisse weggefallen ist. Insofern kann die Justiz auch nicht in die unternehmerische Entscheidung eingreifen und quasi dem Arbeitgeber verbieten, seinen Betrieb in seinem Sinne zu führen oder sogar aufzugeben. Ausgenommen sind die Fälle der Willkür, die hier vernachlässigt werden können.
Entscheidend ist daher, dass der Arbeitgeber letztlich nachweisen kann, dass der Arbeitsplatz weggefallen ist. Dies kann nur durch mathematische Darstellung der Reduzierung der Arbeitsmenge geschehen und nicht durch bloßes Behaupten von Umsatz- oder Auftragsrückgängen. Es muss schon konkret vorgerechnet werden, wie viele Arbeitsstunden vor Ausspruch der Kündigung zur Verfügung standen und wie viele noch zum Zeitpunkt der Kündigung zur Verfügung stehen.
Wenn dieser Nachweis geführt ist, muss zudem nachgewiesen werden, dass eine zumutbare Weiterbeschäftigung im Betrieb nicht mehr möglich ist. Der Arbeitgeber muss in diesem Zusammenhang allerdings keinen Arbeitsplatz freikündigen.
Das Hauptproblem der betriebsbedingten Kündigung ist die so genannte soziale Auswahl, da von dem Arbeitgeber verlangt wird, dass er für den Fall, dass eine Reihe von Arbeitnehmern in vergleichbarer Position beschäftigt wird, eine soziale Auswahl zu treffen hat. Die Kriterien der sozialen Auswahl sind das Alter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit und die Unterhaltsverpflichtungen des Arbeitnehmers. In der Praxis führt dies häufig zu großen Problemen, da die Arbeitgeber berechtigterweise dazu neigen, auch Leistungskriterien in Ansatz zu bringen, was von der Arbeitsgerichtsbarkeit allerdings früher nicht akzeptiert wurde.
Durch eine Reform zum 1.1.2004 wurde bei der sozialen Auswahl wieder auf die Änderungen zurückgegriffen, die bereits einmal im Jahr 1996 durch die CDU/FDP-Regierung eingeführt waren.
Es können nunmehr wieder Leistungsträger, die für den Betrieb unverzichtbar sind, unabhängig von den Sozialkriterien (Zugehörigkeit, Alter, Unterhalt) im Betrieb verbleiben. Dieses Kriterium muss nachvollziehbar begründbar sein.
Des Weiteren besteht die Möglichkeit, Altersgruppen zu bilden mit der Zielsetzung, eine bestimmte Altersstruktur des Unternehmens zu erhalten, die eine Überalterung der Belegschaft verhindert.
Soweit die Sozialauswahl im Zuge eines Interessenausgleiches zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat in Form einer Namensliste getroffen wurde, ist das Gericht im Wesentlichen an die getroffene Sozialauswahl gebunden und kann diese nur noch nach Willkürgesichtspunkten prüfen.
b.) Neben der betriebsbedingten Kündigung ist die verhaltensbedingte Kündigung in der Praxis sehr häufig.
Eine solche Kündigung begründet sich mit einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers.
Der häufigste Fehler beim Ausspruch der verhaltensbedingten Kündigung ist immer der Umstand, dass die Abmahnung vergessen wurde. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes hat bei jeder verhaltensbedingten Kündigung vorab eine oder mehrere Abmahnungen zu erfolgen, je nach Grad der vorwerfbaren Handlung. Ausgenommen sind hiervon die Fälle mit strafbarem Charakter, z.B. Tätlichkeiten im Betrieb oder Diebstahl etc.
Um mit der verhaltensbedingten Kündigung nicht von vornherein Schiffbruch zu erleiden, sollte in jedem einzelnen Fall geprüft werden, ob die Vorwürfe bereits ausreichen oder nicht besser doch noch eine Abmahnung erfolgt.
Auch bei der Abfassung der Abmahnung werden in der Praxis aus falsch verstandener Rücksichtnahme immer wieder Fehler gemacht. Es ist wichtig, dass nicht nur das Fehlverhalten dargestellt wird, sondern für den Fall der Wiederholung auch eine Kündigung konkret angedroht wird.
Bei mehreren Verstößen sollten immer Abmahnungen für jeden einzelnen Verstoß erteilt werden.
c.) Letztlich bleibt die personenbedingte Kündigung, deren Hauptfall die krankheitsbedingte Kündigung ist. Das Bundesarbeitsgericht hat mehrere Voraussetzungen an eine krankheitsbedingte Kündigung geknüpft:
- Kurzzeit- oder Langzeiterkrankung;
- negative Prognose;
- betriebsbezogene Beeinträchtigung (Lohnfortzahlung, Organisation);
- alternative Beschäftigung.
In der Praxis bewährt es sich, bevor die Kündigung ausgesprochen wird, zu versuchen, über die Einbeziehung der Krankenkasse den Arbeitnehmer bei dem medizinischen Dienst untersuchen zu lassen oder bei dem Betriebsarzt, um eine vernünftige Grundlage für die Prognose zu erhalten.
Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung ist darauf zu achten, dass vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung auch ein Eingliederungsmanagement (BEM) betrieben wird, d. h. mit dem betroffenen Arbeitnehmer umfassend erörtert wird, ob eine Beschäftigung durch geeignete Maßnahmen gefördert werden kann.
Ein Unterfall ist die Kündigung wegen Suchterkrankungen (Alkohol/Drogen usw.). Hier müssen zunächst Rehamaßnahmen (nach aktueller Rechtsprechung ggf. mehrfach) gefordert und abgewartet werden. Ein allgemeines Verbot (Alkohol / Drogen etc.) in den arbeitsvertraglichen Grundlagen oder als betriebliche Regelung macht durchaus Sinn und erleichtert den arbeitsrechtlichen Umgang mit den Problemen.
4.) Fristlose KündigungNeben der ordentlichen Kündigung bleibt die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung, also einer Kündigung ohne Einhaltung einer vereinbarten oder gesetzlichen Frist.
Die Kündigung ist nur möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die weitere Zusammenarbeit für eine der Vertragsparteien schlichtweg unzumutbar macht. Dies ist in der Regel bei Vorfällen gegeben, die strafrechtliche Relevanz haben, z.B. Tätlichkeiten im Betrieb, Diebstahl oder Anzeige des Arbeitgebers.
Bei den Diebstahlsdelikten muss beachtet werden, dass seit dem Jahre 2010 eine Aufweichung der Rechtsprechung existiert, wonach bei so genannten Bagatelldiebstählen nicht generell von einem wichtigem Grund für eine fristlose Kündigung ausgegangen wird (Fall Emily; Fall Maultaschen). Unter Berücksichtigung der Dauer der Betriebszugehörigkeit muss eine besondere Interessenabwägung stattfinden. Hat ein Arbeitnehmer in einem langjährigen Arbeitsverhältnis sich einen großen Vertrauensvorschuss erarbeitet, so kann nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts dieser nicht durch einen einmaligen Vorfall zerstört werden, wenn es um geringfügige Werte geht. Diese Rechtsprechung wird in der Praxis berechtigterweise kritisiert, da sie letztlich die Maßstäbe der Ehrlichkeit verrückt und zum anderen für Arbeitgeber Kündigungsentscheidungen noch unkalkulierbarer macht.
Zu beachten gilt, dass das Gesetz in § 626 II BGB vorschreibt, dass innerhalb von 2 Wochen nach Kenntnis der Umstände die Kündigung ausgesprochen wird. Erfolgt die Kündigung erst später, ist sie unwirksam.
5.) Änderungskündigung:Neben der ordentlichen und fristlosen Kündigung bleibt als letzte Möglichkeit die so genannte Änderungskündigung, die aus einer Beendigungskündigung besteht und dem Angebot einer Weiterbeschäftigung an anderer Stelle und zu anderen Bedingungen. Diese Kündigungsart ist deshalb wichtig, weil das Bundesarbeitsgericht entschieden hat, dass bevor die Beendigungskündigung ausgesprochen wird, auf jeden Fall die Möglichkeit einer Änderungskündigung in Erwägung gezogen wird (Subsidiarität der Beendigungs-kündigung). Dies setzt allerdings voraus, dass ein alternativer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Auch hier braucht der Arbeitgeber keinen Arbeitsplatz frei zu kündigen.
Da bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses immer das Risiko besteht, dass im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Kündigung für unwirksam erklärt wird, bietet es sich auf jeden Fall an, zu versuchen, mit dem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag zu schließen.
Im Gegensatz zur Kündigung handelt es sich hierbei nicht um eine einseitige Maßnahme, sondern um einen Vertrag der beiden Beteiligten. Der Aufhebungsvertrag ist gem. § 623 BGB schriftlich zu vereinbaren. Eine Aufhebungsvereinbarung durch Schriftverkehr, insbesondere auch auf elektronischem Wege ist unwirksam.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer auf negativen Folgen bei Abschluss des Aufhebungsvertrages hinzuweisen (Sperrfrist). Das Unterlassen hat bisher allerdings noch keine Folgen (zB. Schadensersatz).
Im Themenbereich „Aufhebungsvertrag“ muss auch die Möglichkeit erwähnt werden, dass ein so genannter „Klageverzicht“ vereinbart werden kann. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist ein solcher Verzicht allerdings unwirksam, soweit der Arbeitnehmer diesen ohne jede Gegenleistung erklärt.
Exkurs: Arbeitsgerichtsverfahren:
Auch bei bester Vorbereitung einer Kündigung oder Abschluss eines Aufhebungsvertrages müssen Sie immer damit rechnen, dass der Arbeitnehmer einen Kündigungsschutzprozess führt. Grundlage des Prozesses ist das Kündigungsschutzgesetz, das immer dann eingreift, wenn eine bestimmte Anzahl Personen im Betrieb beschäftigt wird, und wenn der Arbeitnehmer wenigstens 6 Monate im Betrieb beschäftigt war.
Was die Zahl der zu beschäftigenden Personen betrifft, so war es früher so, dass das Kündigungsschutzgesetz nur dann eingreift, wenn ständig mehr als 5 Arbeitnehmer im Betrieb ohne Berücksichtigung der Auszubildenden tätig sind. Teilzeitbeschäftigte zählen nach einem im Gesetz enthaltenen Schema anteilig.
Ab dem 1.1.2004 gelten bezüglich der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes 2 wesentliche Neuerungen:
Zum einen wurde der Schwellenwert dahingehend geändert, dass das Kündigungsschutzgesetz nur eingreift, wenn im Betrieb ständig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Dies gilt nur für Arbeitnehmer, die ab dem 1.1.2004 eingestellt werden.
Als weitere Neuerung wurde die Möglichkeit in das Gesetz eingeführt, dass bei einer betriebsbedingten Kündigung der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für den Verzicht auf seine Kündigungsschutzklage eine Abfindung anbieten kann, die wenigstens ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr erfordert. Voraussetzung ist, dass im Kündigungsschreiben der Kündigungsgrund (betriebsbedingt) angegeben ist und die Abfindungssumme konkret angeboten wird für den Fall, dass der Arbeitnehmer nicht innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage erhebt.
Während die erste Neuerung (Schwellenwert) zu begrüßen ist, bringt die zweite Neuerung in der Praxis erkennbar keinen Fortschritt und wird so gut wie nie genutzt. Ein Arbeitgeber, der im Kündigungsschreiben bereits eine Abfindung anbietet, dürfte damit seine Position im anschließenden Kündigungsschutzprozess deutlich schwächen und ein Arbeitnehmer wird in der Regel das Angebot nicht annehmen, da er davon ausgeht, im Kündigungs-schutzverfahren eventuell eine bessere Abfindungssumme zu erreichen.
Fazit:
Die wichtigste Erkenntnis im Kündigungsschutzprozess ist die Tatsache, dass diese regelmäßig tatsächlich nicht mit dem Ziel der Weiterbeschäftigung geführt werden, sondern mit dem inoffiziellen Ziel des Aushandelns einer Abfindung.
Dies sollte für den Arbeitgeber Grund genug sein, schon frühzeitig seinen anwaltlichen Berater einzubeziehen, um abschätzen zu können, inwieweit die Kündigungsgründe tragfähig sind. Sollten die Kündigungsgründe nicht tragfähig sein und damit das Prozessrisiko nicht mehr kalkulierbar, empfiehlt es sich tatsächlich zu überlegen, besser die Kündigung zurückzunehmen. Erfahrungsgemäß kann damit gerechnet werden, dass der Arbeitnehmer nicht mehr zum Arbeitsplatz zurückkehrt und damit die Abfindung erspart bleibt. Die Abfindungslösung sollte immer die letzte Lösung sein, wenn man unbedingt eine Trennung herbeiführen will und die Gründe nicht ausreichend sind.
Man sollte nie vergessen, dass im Falle des Unterliegens im Kündigungsschutzprozess der Arbeitgeber verpflichtet ist, für die gesamte Dauer des Prozesses die Gehälter ohne Gegenleistung nachzuzahlen. Insofern ist es zwingend geboten, schon frühzeitig abschließende Strategien festzulegen. Zum Abschluss des Vortrages bleibt daher lediglich noch die Empfehlung, bei der Auswahl des juristischen Beraters sehr sorgfältig vorzugehen, da gerade im Arbeitsgerichtsprozess ein hohes Maß an Erfahrung und Kreativität erforderlich ist. In einem Arbeitsgerichtsverfahren brauchen Sie keinen guten Anwalt, sondern einen sehr guten Anwalt.
gez. F.W. Dittmann
Fachanwalt für Arbeitsrecht