Die verhaltensbedingte Kündigung
− vom Umgang mit Fehlverhalten −
Einleitung
Mit dem Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung begibt sich der Arbeitgeber im anschließenden Kündigungsschutzprozess auf ein schwieriges Terrain.
Während bei einer betriebsbedingten- oder personenbedingten Kündigung eine halbwegs verlässliche Prognose möglich ist, hängt der Prozesserfolg maßgeblich von der subjektiven und damit kaum vorhersehbaren Bewertung des Fehlverhaltens durch den Richter ab. Insbesondere bei Vermögensdelikten bewegen sich die Arbeitsrichter gedanklich regelmäßig zwischen kündigungsrelevanten Straftaten und Bagatelldelikten, die ggf. nur abgemahnt werden können.
Die Entscheidung, möglicherweise nach zwei Instanzen, kann ebenso die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ergebnis haben, wie das Nachzahlen von Lohn für ein oder zwei Jahre ohne jede Gegenleistung.
Um nicht in diese Falle zu geraten, macht es Sinn, sich bereits zeitnah – nicht erst bei Gericht – fachanwaltlichen Rat einzuholen.
I. Ermahnung, Versetzung und Abmahnung
1. Es darf als bekannt unterstellt werden, dass nicht jedes Fehlverhalten des Arbeitnehmers zur Kündigung berechtigt.
Gerade bei unbelasteten Arbeitsverhältnissen macht es durchaus Sinn, angemessene mildere Mittel einzusetzen. Hier ist als Erstes die Ermahnung zu nennen, die genügen kann, um den Arbeitnehmer angemessen auf seine Pflichten zu verweisen.
Bei Konflikten zwischen Arbeitnehmern, kann eine Versetzung ein taugliches Mittel sein.
2. Ist das Fehlverhalten gravierend, muss vor Ausspruch der Kündigung regelmäßig –abgesehen von Einzelfällen– eine Abmahnung erfolgen.
Die Abmahnung unterliegt keiner Schriftform. Gleichwohl ist es aus Gründen der Beweiserleichterung unbedingt sinnvoll, schriftlich abzumahnen.
Im Gegensatz zur Kündigung, die von dem Arbeitgeber oder Personalchef unterzeichnet werden muss, genügt hier die Unterschrift des Vorgesetzten oder wird von ihm mündlich ausgesprochen.
Es ist nicht nur die genaue Beschreibung des Fehlverhaltens zwingend notwendig, sondern auch die Androhung der Sanktion (Kündigung) im Wiederholungsfall.
Bei mehreren Verstößen, auch wenn sie gleichzeitig begangen wurden, sollte man nicht nur eine Abmahnung aussprechen. Erweist sich ein Vorwurf als unzutreffend, ist nach der Rechtsprechung die ganze Abmahnung hinfällig. Deshalb sollte man für jeden Verstoß eine eigene Abmahnung schreiben.
Ob eine oder mehrere Abmahnungen erforderlich sind, hängt von Grad des Fehlverhaltens ab. In der Regel genügen zwei Abmahnungen bei gleichem Verstoß. Auch ein zu häufiges Abmahnen des gleichen Vorwurfes kann zum Verlust der Rechte führen, da der Arbeitnehmer die Abmahnungen dann nicht mehr ernst nehmen muss.
Bei einem Arbeitnehmer, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, kann eine Übersetzung notwendig sein.
Der Zugang der Abmahnung sollte durch persönliche Übergabe oder per Bote erfolgen. Ein Zeuge sollte einbezogen sein.
II. Kündigung
1. Sollte es zur Kündigung kommen, hängt der Erfolg im späteren Prozess maßgeblich von einer zielführenden Dokumentation ab. Schon bei der Ermahnung, erst recht bei der Abmahnung, sollte der Geschehensablauf schriftlich protokolliert werden und Zeugen einbezogen werden. Nur so schützt man sich vor späteren Gedächtnislücken, die unangenehme Folgen haben können.
2. Die Kündigung erfolgt dann entweder ordentlich unter Einhaltung der Frist – der Endtermin ist konkret anzugeben- oder fristlos.
Bei der fristlosen Kündigung ist die 2- Wochenfrist (§ 626 II BGB) zu beachten. Abgesehen von den Fällen, bei denen die Rechtsprechung eine angemessene Zeit der Recherche zulässt, entfällt die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung bei Ausspruch nach Fristablauf, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Kenntnis der kündigungsrelevanten Tatsachen.
Da bei Kündigungen gerne Formfehler begangen werden, empfehle ich die Lektüre meines Vortrages aus dem Seminar in 2012 „Die Formalien der Kündigung“, zu finden auf unserer Homepage: www.dittmann-hartmann.de, unter den Fachbeiträgen.
III. Kündigungsgründe
Hier einige Einzelfälle ohne den Anspruch auf Vollständigkeit:
Diebstahl
Berechtigt regelmäßig zur fristlosen Kündigung ohne Abmahnung, ausgenommen Bagatelldelikte, wobei die Schwierigkeit darin besteht, dass die Arbeitsrichter keinen festen Maßstab haben, was geringfügig ist und was nicht.
Manipulierte Zeiterfassung
Fristlose Kündigung, da darin von der Rechtsprechung regelmäßig ein Betrug gesehen wird.
Arbeitsverweigerung
Fristlos kündbar, allerdings oft erst nach Abmahnung.
Selbstbeurlaubung
Regelmäßig fristlose Kündigung auch ohne Abmahnung
Vorgetäuschte Krankheit und angekündigte Krankheit
Hier gilt das Gleiche.
Rauchverbot
Kündbar nach deutlicher Abmahnung. Auf die Einführung betrieblicher Regeln achten.
Alkoholverbot
Kündbar nach deutlicher Abmahnung. Vorsicht bei Alkoholabhängigkeit. Es kann am Verschulden fehlen, ggf. ist eine personenbedingte Kündigung nötig, die andere Regeln hat.
Private Handy -und Internetnutzung
Kündbar nach deutlicher Abmahnung. Auf die Einführung betrieblicher Regeln achten.
Beleidigung des Arbeitgebers (zB. Facebook)
Regelmäßig fristlose Kündigung auch ohne Abmahnung
Low Performer(kann aber will nicht)
Kündbar nach deutlicher Abmahnung. Aber nur, wenn der Leistungswille fehlt. Wenn Unfähigkeit vorliegt, ggf. personenbedingte Kündigung, die andere Regeln hat.
IV. Erforderlichkeit der Interessenabwägung und Zukunftsprognose
Da nach der Rechtsprechung die Kündigung keine Sanktion für vergangenes Fehlverhalten sein soll, muss immer eine Interessenabwägung und Zukunftsprognose stattfinden. Es ist zu prognostizieren ob auch in Zukunft mit Verstößen zu rechnen ist und die betrieblichen Interessen im Einzelfall höher zu bewerten sind, als die sozialen Interessen des Arbeitgebers.
V. Fazit
Das Fazit ist einfach: Wegen der Vielzahl der Fallstricke, sollten Sie es nicht ohne ihren Anwalt angehen. Das kostet zwar Geld, jedoch bei Weitem nicht so viel wie ein verlorener Kündigungsprozess. Prophylaxe macht nicht nur beim Zahnarzt Sinn, sondern auch im Arbeitsrecht.